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KOALITIONSPAPIER BW 2025 für Kultur und Medien der CDU/CSU + SPD

Präambel:

Unser Land ist ein Kulturstaat, reich an Traditionen und Bräuchen, an Kunst, Architektur, Literatur und Musik, an Geschichte und religiöser Vielfalt – in Stadt und Land. Unsere Kultur ist das Fundament unserer Freiheit. Kunst inspiriert, irritiert und eröffnet neue Perspektiven. Ohne freie und kraftvolle Kunst verkümmert, was jedem Fortschritt zugrunde liegt: die Fähigkeit, unser Leben zu reflektieren und uns ein besseres vorzustellen. Kulturpolitik ist gesellschaftsrelevant. Den kulturellen Reichtum und die Vielfalt unseres Landes werden wir pflegen, weiterentwickeln und gegen jede Herausforderung verteidigen.

Die Bundeskulturpolitik ist im kooperativen Kulturföderalismus mehr als eine Ergänzung der Kulturhoheit der Länder.

Wir bekennen uns zum besonderen Schutz und einer spezifischen Förderung der gesetzlich anerkannten nationalen Minderheiten in Deutschland: die dänische Minderheit, die friesische Volksgruppe, die deutschen Sinti und Roma und das sorbische Volk.

Kunst und Kultur sind frei. Sie zu fördern ist eine öffentliche Aufgabe, die Bund, Länder und Kommunen auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten gemeinsam wahrnehmen müssen.

Eine lebendige kulturelle Infrastruktur zählt zur Daseinsvorsorge.

Museen, Theater, Kinos, Bibliotheken, soziokulturelle Zentren oder Galerien gehören auch in den ländlichen Raum. Sie sind Voraussetzung für gleichwertige Lebensverhältnisse. Wir wollen kulturelle Teilhabe aller Menschen gewährleisten.

Förderbedingungen, Sensibilisierung und Eigenverantwortung

Kunstfreiheit verlangt, dass für Kunst keine inhaltlichen Vorgaben des Staates gelten dürfen. Wir fördern keine Projekte und Vorhaben, die antisemitische, rassistische und andere menschenverachtende Ziele verfolgen. Dies werden wir durch rechtssichere Förderbedingungen, Sensibilisierung und Eigenverantwortung sicherstellen.

 

Kultur verbindet

Wir wollen deshalb internationale Kooperationen, Kulturaustausch, Kulturdiplomatie und Kulturtourismus intensivieren. Unser Land soll ein Leuchtturm für freie Kunst und Kultur in der Welt sein. Wir brauchen auch in Zukunft ein starkes Creative Europe Programm.

 

Verlässlicher Partner der Kultur

Wir sind Kultureinrichtungen, Freier Szene und Breitenkultur ein verlässlicher Partner.

Die Reform der Stiftung Preußischer Kulturbesitz bringen wir zu einem erfolgreichen Abschluss. Sonderinvestitionen, an denen der Bund beteiligt ist, führen wir fort.

Bauvorhaben beschleunigen wir durch vereinfachte Planungsprozesse und das Zuwendungsrecht entbürokratisieren wir. Wir stabilisieren die Finanzierung der Kulturstiftung des Bundes und aller acht Bundeskulturfonds.

Wir systematisieren die Förderung für die Freien Künste und berücksichtigen bei der Bundesförderung Mindestgagen und Honoraruntergrenzen.

National bedeutsame Kultureinrichtungen und -veranstaltungen unterstützen wir bei ihrer Entwicklung und Profilierung. Wir wollen den strategischen Austausch zwischen öffentlichen und privaten Kulturförderern intensivieren und Institutionen des kulturpolitischen Diskurses stärken. Die von uns geförderten Kulturangebote sind vielfältig und inklusiv. Wir setzen das Programm „Kultur macht stark“ fort und fördern den Ausbau kultureller Bildungs- und Vermittlungsangebote an Kultureinrichtungen. Öffentlichen Bibliotheken ermöglichen wir die Sonntagsöffnung und prüfen die Fortführung des KulturPasses. Das ehrenamtliche Engagement, zum Beispiel Brauchtum, Amateurkultur und -musik, werden wir gezielt stärken.

Wir werden das Denkmalschutzsonderprogramm fortführen. Die vorbereitete Novellierung des Kulturgutschutzgesetzes setzen wir zeitnah um. Die Digitalisierung des kulturellen Erbes und die digitale Transformation kulturellen Arbeitens brauchen zukunftssichere Förderung.

 

Ländlicher Raum

Im ländlichen Raum ist die Einbindung kultureller Akteure essenziell. Deshalb führen wir Förderprogramme wie Aller.Land, „Kultur in ländlichen Räumen“ und BULE fort. Auch der Kulturbereich soll nachhaltig arbeiten. Beratungsangebote wie die Green Culture Anlaufstelle werden wir auf ihre Wirksamkeit überprüfen und wenn notwendig weiterentwickeln.

 

Strategie „Kultur & KI“

Künstliche Intelligenz steigert die Möglichkeiten menschlicher Kreativität enorm. Sie bietet großes künstlerisches und kulturwirtschaftliches Potenzial, wenn Urheberrechte gewahrt und künstlich generierte Inhalte erkennbar bleiben. Wir entwickeln mit den Ländern eine Strategie „Kultur & KI“.

 

Erinnerungskultur und Gedenken

Unser Bewusstsein für den Wert von Freiheit und Demokratie beruht auch auf unserer Erinnerungskultur. In ihrem Mittelpunkt steht die Auseinandersetzung mit der nationalsozialistischen Verbrechensherrschaft und der Singularität der Shoah. Zudem stärken wir die Aufarbeitung der SED- Diktatur, einschließlich des Kulturgutentzugs in Sowjetischer Besatzungszone (SBZ) und DDR. Die entsprechenden Bundestagsbeschlüsse erfordern von uns eine konkrete Umsetzung. Die Aufarbeitung des Kolonialismus werden wir intensivieren. Dazu gehört eine länderübergreifende Erforschung von Objekten und die Rückgabe von Kulturgütern im Dialog mit den Herkunftsländern. Besonderes Augenmerk liegt auf einem würdigen Erinnerungsort und der Rückgabe menschlicher Überreste (Human Remains).

 

Staatliche Verantwortung

Der Staat trägt besondere Verantwortung bei der Rückgabe von NS-verfolgungsbedingt entzogenem Kulturgut. Wir werden die Provenienzforschung intensivieren, die Schiedsgerichtsbarkeit einführen und ein wirksames Restitutionsgesetz schaffen.

 

Gedenkstätten

Wir wollen insbesondere allen jungen Menschen den Besuch von deutschen und internationalen Gedenkstätten ermöglichen. Unsere dezentrale Gedenkstättenlandschaft steht vor großen Herausforderungen, die wir mit einem Investitionsprogramm für Substanzerhaltung, der Stärkung von Vernetzungs- und Kooperationsstrukturen und der Unterstützung bei innovativer Vermittlungsarbeit meistern wollen. Das gilt auch für emblematische Orte der NS-Täter, der Zwangsarbeit und der SED- Diktatur. Die Gedenkstättenkonzeption des Bundes werden wir wissenschaftsgeleitet und im Austausch mit den Akteuren an die neuen Herausforderungen anpassen und ein bundesweites Kompetenznetzwerk mit den Gedenkstätten entwickeln. Wir unterstützen die Einrichtung eines Yad Vashem Education Centers in Deutschland.

Digitalisierung und Standortentwicklung Bundesarchiv

Wir werden die Digitalisierung und die Standortentwicklung des Bundesarchivs mit seinen Außenstellen des Stasi-Unterlagen-Archivs vorantreiben. Auch positive Ereignisse und Orte der deutschen Demokratiegeschichte sind von hoher erinnerungspolitischer Bedeutung. Diese werden wir, wie auch die Stiftung Orte der deutschen Demokratiegeschichte weiter fördern.

 

Kulturelles Erbe der Heimatvertriebenen

Zur Förderung des kulturellen Erbes der Heimatvertriebenen werden wir die Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung und die Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen auf eine verlässliche finanzielle Basis stellen und die Bundesförderung nach § 96 Bundesvertriebenengesetz zukunftsfest gestalten.

 

Kultur- und Kreativwirtschaft

Die Kreativwirtschaft leistet einen großen kulturellen und wirtschaftlichen Beitrag, den wir durch klare ordnungspolitische Rahmenbedingungen und Steueranreize sowohl übergreifend als auch branchenspezifisch stärken wollen.

Wir wollen die Wettbewerbsfähigkeit des Filmstandorts Deutschland durch eine zeitnahe Reform der Filmförderung verbessern, bestehend aus einem steuerlichen Anreizsystem sowie einer Investitionsverpflichtung. Das Filmförderungsgesetz werden wir im engen Dialog mit der Branche weiterentwickeln, Kinos werden wir durch verlässliche Förderprogramme für Investitionen und kulturelle Vielfalt in Stadt und Land stärken und die digitale Sicherung des Filmerbes vorantreiben.

Games sind ein Kulturgut und Innovationstreiber, daher wollen wir den Gamestandort durch steuerliche Anreize und verlässliche Programme fördern.

Wir setzen uns für die Initiative Musik und andere bundesgeförderte Initiativen für die Förderung der Musikwirtschaft und der Popkultur ein. Es braucht „Kulturschutzgebiete“, in denen Bestandsschutz gilt und Clubs als Kulturorte durch die Baunutzungsverordnung anerkannt und in der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm) berücksichtigt werden.

Der Musikinstrumentenbau benötigt sektorspezifische Ausnahmen. Zur Sicherung der Vielfalt auf dem Buchmarkt werden wir mit den Ländern eine strukturelle Verlagsförderung prüfen.

 

Entwicklung fairer und transparenter Vergütungsmodelle

Wir setzen Recht an geistigem Eigentum konsequent durch und schützen kreative Produkte.

Insbesondere im digitalen Musikmarkt helfen wir mit, faire und transparente Vergütungsmodelle zu entwickeln.

Wir werden die soziale Absicherung von Künstlerinnen, Künstlern und Kreativen innerhalb und außerhalb der Leistungen der Künstlersozialkasse stärken und unbürokratischer auf die besonderen Arbeits- und Lebensbedingungen in der Kunstbranche abstimmen.

Wir wollen die Unterstützung für kulturelle Arbeit auf eine breitere Basis stellen. Kultur-Sponsoring, Mäzenatentum, private Stiftungen und Wirtschaftskooperationen können mehr Kultur ermöglichen.

Medienvielfalt stärken – Meinungsfreiheit sichern

Unabhängige und vielfältige Medien sichern eine freie öffentliche Debatte. Wir setzen uns im dualen Mediensystem sowohl für einen pluralen öffentlich-rechtlichen Rundfunk als auch für faire Regulierungs- und Refinanzierungsbedingungen für private Medien ein. Von zusätzlichen Werbebeschränkungen sehen wir ab. Wir prüfen die Einführung einer Abgabe für Online-Plattformen, die Medieninhalte nutzen. Die Erlöse sollen dem Medienstandort zugutekommen.

Im Sinne der flächendeckenden Versorgung mit journalistischen Angeboten schaffen wir mit Blick auf die Gemeinnützigkeit Rechtssicherheit. Wir wollen einen intensiveren Diskurs über Medien und stärken dafür relevante Institutionen. Die Herausforderungen der Zustellung der Zeitungen werden wir mit den Verlagen erläutern.

Das Wettbewerbsrecht muss auf allen Ebenen weiterentwickelt und mit dem Medienkonzentrationsrecht der Länder verzahnt werden, auch um Fusionen von Medienunternehmen mit Anbietern medienrelevanter Infrastruktur zu prüfen.

Zusammenarbeit im öffentlich-rechtlichen Rundfunk soll nach den aktuellen Reformen der Länder die Regel werden. Deshalb schaffen wir eine wettbewerbsrechtliche Bereichsausnahme, auch Kooperationen privater Medienhäuser sollen erleichtert werden. Die terrestrische Rundfunkverbreitung schützen wir als kritische Infrastruktur. Das UHF-Band steht auch Medien und Kultur zur Verfügung, die Abwägung mit Sicherheitsbedarfen wird derzeit evaluiert.

 

Umgang mit Desinformation

Gezielte Einflussnahme auf Wahlen sowie inzwischen alltägliche Desinformation und Fake News sind ernste Bedrohungen für unsere Demokratie, ihre Institutionen und den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Die bewusste Verbreitung falscher Tatsachenbehauptungen ist durch die Meinungsfreiheit nicht gedeckt. Deshalb muss die staatsferne Medienaufsicht unter Wahrung der Meinungsfreiheit auf der Basis klarer gesetzlicher Vorgaben gegen Informationsmanipulation sowie Hass und Hetze vorgehen können.

Systematisch eingesetzte manipulative Verbreitungstechniken wie der massenhafte und koordinierte Einsatz von Bots und Fake Accounts müssen verboten werden. Wir werden durchsetzen, dass Online-Plattformen ihren Pflichten hinsichtlich Transparenz und Mitwirkung gegenüber der Aufsicht nachkommen, sowie eine verschärfte Haftung für Inhalte prüfen. Outlinks zu Drittanbietern sind zuzulassen. Der Digital Services Act (DSA) muss stringent umgesetzt und weiterentwickelt werden, systemisches Versagen muss in einem abgestimmten Verfahren mit der EU- Kommission Konsequenzen haben.

Die Fortentwicklung des europäischen Medienrechts muss unter Wahrung des Subsidiaritätsprinzips erfolgen. Die Spielräume der Mitgliedstaaten zum Schutz kultureller und medialer Vielfalt sind bei allen EU-Rechtsakten zu wahren.

Wir unterstützen den Aufbau einer europäischen Medienplattform unter Einbeziehung von ARTE. Wir stärken die Deutsche Welle und novellieren ihre gesetzliche Grundlage als im Ausland verbreiteter Sender zeitgemäß.

 

Jugendschutz und Medienkompetenz

Aufwachsen mit digitalen Medien braucht Medienkompetenz, aber auch einen effektiven Kinder- und Jugendmedienschutz. Ein kohärenter Rechtsrahmen zwischen Europa, Bund und den Ländern bietet die Chance, Parallelstrukturen abzubauen und effektive Rechtsdurchsetzung zu erleichtern. Deswegen gestalten wir das Jugendschutzgesetz kohärent zum DSA und zum Jugendmedienschutz-Staatsvertrag. Altersverifikation auf digitalen Endgeräten sollte Standard in Europa sein.

 

Arbeitsbedingungen und Schutzmöglichkeiten

Wir setzen uns für sichere und gute Arbeitsbedingungen für Journalistinnen und Journalisten ein und schützen sie besser, indem sie eine Auskunftssperre im Melderegister erwirken können.

Quelle: SZ